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27. Dez.. 2006 

So, Sie wollen also ins westliche Erzgebirge ausreisen. Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Wissen Sie eigentlich welchen Gefahren Sie sich da aussetzen? Dort steht nicht wie bei uns der Mensch im Mittelpunkt, da gilt der Einzelne nichts, nur der Berg gilt etwas. Es ist dort garantiert noch schlimmer, als Sie es im Fernsehen gesehen haben.

Aber ich weiß, das nützt natürlich nichts, Ihnen das zu sagen. Sie sind nicht aufzuhalten.

Aber ich hoffe, Sie haben ordentliche Ausweispapiere dabei, mit neuestem Lichtbild, nicht mit irgendeiner Jugendlüge. Und fangen Sie schon mal an, das linke Ohr frei zu machen, damit es nachher schneller geht.

Sie erhalten jetzt eine Visum-Kennkarte, die Sie bitte sorgsam ausfüllen, sonst ist Ihre Reise jetzt schon zu Ende. Insbesondere die Rubrik Familienstand und Vermögensstand bitte ich zu beachten. Lassen Sie sich etwas Glaubwürdiges einfallen. Denken Sie daran, auch der Klassenfeind liest, was Sie geschrieben haben und wir wollen nicht, daß die da drüben und da oben schlecht von den Reisenden aus Chemnitz denken.

Ihr Visum wird abgestempelt, falls Sie nicht zurückgeschickt werden und Sie erhalten die Marschverpflegung, die da oben sollen nicht denken, in den Tälern würde gehungert.

Ihre Reise ist aber gleich zu Ende, wenn Sie keine Unbedenklichkeitserklärung Ihres Arbeitgebers vorweisen können. Sie wissen, Sie dürfen die Stadt nicht verlassen, wenn Sie Schulden haben. (Magistratsverordnung 531 vom 3.8.1779).

Zur Not – aber nur im Ausnahmefall – genügt auch eine Bürgschaft.

Wenn Sie jetzt ins Ausland fahren, sollten Sie ein paar Verhaltensregeln beherzigen. Als eingereiste Fremde müssen Sie sich immer bewußt sein, daß Sie auch Repräsentanten Ihrer Heimat und Ihrer Geschichte sind. Wir wollen Sie stolz, leider vergessen das zu viele.

Also 1.Regel: benehmen Sie sich anständig. Sprechen Sie den berauschenden Getränken, die Ihnen drüben ohne Zweifel aufgedrängt werden, mäßig zu.

2. Nehmen Sie keine Geschenke von fremden Leuten oder Tieren an. Es wäre nicht die erste Bombe, die auf diesem Weg in unser schönes Land geschmuggelt werden sollte.

3. Hüten Sie sich vor fremden Drogen.

4. Starren Sie die Erzgebirgler nicht unhöflich an, auch wenn Sie Ihnen wunderlich erscheinen, und das werden sie. Halten sie sich zurück. Das Erzgebirge ist kein Zoo.

5. Halten Sie den Schnabel, verstehen werden Sie dort ohnehin nichts, überlassen Sie das Reden Ihren Dolmetschern.

Alles andere sagt Ihnen vielleicht der gesunde Menschenverstand, wenn Sie noch einen haben.

Also, ich halte es ja für ganz falsch, daß Sie sich zu dieser Zeit und bei diesem Wetter, solch einer Strapaze unterziehen. Aber wahrscheinlich hat man Ihnen Weihnachten und so versprochen.

Na ja, da sind Sie selbst Schuld, wenn Sie drauf reinfallen, ich hab Sie gewarnt.

Jetzt füllen Sie Ihre Karte aus – maximal vier Worte, dann erhalten Sie Stempel und Verpflegung, dann fahren Sie weiter, queren Thierfeld und legen die Karte bei der Einreise vor und grüßen unsere Kollegen von der anderen Seite, die können ja nichts dafür, daß sie im Erzgebirge leben müssen. Gute Fahrt.

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